Gefährdung des Kinderwohls in Österreich im 21. Jahrhundert? Instinktiv würde man diese Frage vorerst verneinen. Kaum vorstellbar, schließlich sind jegliche Mittel der Ausbeutung von Kindern bei uns längst gesetzlich verboten, und vielleicht wurde noch nie so sehr das Wohl der Kinder hochgehalten, wie es heute der Fall ist. Dennoch müssen wir leidvoll zur Kenntnis nehmen, dass wir es seit einigen Jahren tatsächlich mit einer schleichenden Ausprägung solch einer Gefährdung zu tun haben – etwa durch unangemessene Formen der Sexualpädagogik in unseren Bildungseinrichtungen und Schulen, wodurch Kinder physisch und/oder psychisch geschädigt werden können.
Die Frage, wie wir uns Kindern gegenüber verhalten, wie wir sie erziehen und welche Botschaften wir ihnen vermitteln sollen, lässt sich unter anderem dadurch beantworten, indem wir uns mit ihrer Gefühlswelt auseinandersetzen. Diese bestimmt ihr Denken und Handeln und hilft uns somit, ein kinderfreundliches Verhalten zu setzen, das geeignet ist, die Kleinsten unserer Gesellschaft positiv zu prägen. Dieser Blog Beitrag setzt sich mit einem Thema auseinander, welches ebenso nicht von der Gefühlswelt unserer Kinder abstrahiert werden darf, und zwar mit der Thematik der zu frühen Sexualisierung in Kindergärten.
Sexualisierung in Kindergärten
Zu frühe Sexualisierung ist nicht bloß ein Phänomen, welches sich in den Köpfen vieler bereits besorgter und „informierter“ Eltern festgesetzt hat, sondern ist seit Jahren Teil des österreichischen Bildungsplans – genau genommen seit 2015 – als unter Gabriele Heinisch Hosek, ehemalige SPÖ- Bildungsministerin, ein Erlass zur Sexualpädagogik in Kraft getreten ist. Dieser regelt die Wissens- und Kompetenzvermittlung zur menschlichen Sexualität von Kindern und Jugendlichen als Teil des Persönlichkeitsbildungsauftrages. In dem Erlass ist zwar die Rede von „schulischer Sexualpädagogik“, jedoch wird Kindergärten eine genauso zentrale Rolle in diesem Prozess zugesprochen und damit Pädagoginnen und Pädagogen Tür und Tor für frühsexualisierende Lehrmethoden geöffnet.
Dass dies nicht nur eine Annahme ist, beweist der aktuelle Bildungsplan der Stadt Wien. Gleich zu Beginn des Kapitels „Sexualität“, werden Mädchen und Buben als „sexuelle Wesen“ bezeichnet, deren „kindliche Sexualität“ unter anderem „Ausdruck im Lustempfinden“ findet. Zudem würden Kinder im Spiel erproben, was es heißt männlich oder weiblich zu sein, indem sie „Geschlechterzuweisungen“ durch „Rollenspiele“ „variieren und überschreiten.“ Das soziale Geschlecht sei „gesellschaftlich konstruiert“ und somit „veränderbar“. Was sich wie ein schlechter Scherz liest, lässt sich hier nachsehen. Nun stellt sich die berechtigte Frage, woher diese Vorstellung von Sexualpädagogik rührt.
Zeichnung aus dem Buch „Wo kommst du her?“ Aufklärung für Kinder ab 5 Jahren
WHO-Standards
Um die soeben gestellte Frage zu beantworten, reicht ein Blick in die WHO Standards. Rasch erkennt man die Quelle, aus der der Grundsatzerlass 2015 reichlich geschöpft hat. Im Erlass selbst wird mehrmals auf die WHO-Standards verwiesen.
Diese Richtlinien für Sexualaufklärung in Europa wurden 2011 von der Europazentrale der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Zusammenarbeit mit der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) herausgegeben, entfalten für Österreich jedoch keine Bindungswirkung. Daher ist es unerlässlich zu fragen, wieso sie als Quelle für den Grundsatzerlass 2015 herangezogen wurden.
Nun, welche Themen sollen den Kleinsten nach den WHO-Standards vermittelt werden?
● „Frühkindliche Masturbation“ auf Grund von „Vergnügen den eigenen Körper zu berühren.“
● „Entdeckung des eigenen Körpers und der eigenen Genitalien“
● „Die eigenen…Bedürfnisse auszudrücken, beispielsweise beim „Doktorspiel“
● „Lustvolle Erfahrung körperlicher Nähe als Teil des menschlichen Lebens“
● „Neugier gegenüber dem eigenen Körper und dem anderer.“
● „Bewusstsein für Geschlechtsidentität entwickeln.“
● „Freundschaft und Liebe zum Menschen des gleichen Geschlechts.“
Die Standards sowie die restlichen Punkte sind hier beschrieben.
Die grundlegende Denkweise der Autoren dieser Richtlinien ist damit klar erkennbar: Den Kindern soll möglichst früh ein einseitiges Bild von Sexualität vermittelt werden, das sich auf Lustgewinn und (sexuelle) Selbstbestimmung beschränkt. Im Hinblick auf Liebe, Vertrauen, Ehe und Familie – den grundlegenden Bausteinen menschlicher Beziehung unserer Gesellschaft – finden sich in den Standards keine Anhaltspunkte, was für eine einäugige Sicht auf das Thema spricht, die damit Kindern zwangsläufig die Möglichkeit nimmt, sich differenziert mit dem Thema Sexualität auseinanderzusetzen. Diese Herangehensweise in den WHO Standards hat ihren Ursprung in der kontroversen „Gender-Ideologie.“
Die Gender-Ideologie
Gender–Ideologie oder auch Gender Mainstreaming genannt ist kurz gesagt ein strategischer Ansatz von Geschlechterpolitik. Auf der Weltfrauenkonferenz in Peking wurden erstmals Ziele zur Umsetzung von Gender Mainstreaming vorgestellt. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass diese Ideologie dem biologischen Geschlecht keinerlei Relevanz zumisst, und die Existenz eines sozialen Geschlechts befürwortet, was wiederum bedeutet, dass sich jeder ein wählbares respektive variables Geschlecht aneignen könne. Und hier schließt sich der Kreis zum anfangs erwähnten Bildungsplan der Stadt Wien, der den philosophischen Grundgedanken des Grundsatzerlasses von 2015 aufgesaugt hat, welcher sich aus den WHO-Standards ergibt, die wiederum ihren Ursprung im Gender Mainstreaming haben.
Elterliche Verantwortung
Ein wesentlicher Aspekt, den die genannten Strömungen gemeinsam haben, ist das Ersetzen der elterlichen Verantwortung durch jene der Pädagoginnen und Pädagogen für das Thema Sexualpädagogik. Primär wird die Schule bzw. der Kindergarten als Ort für Sexualerziehung betrachtet, was klar gegen Art 2. des 1. Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention spricht. Dieser verpflichtet den Staat im Rahmen seines Bildungs- und Erziehungsauftrags, die Überzeugungen der Eltern zu respektieren. Dass die sexuelle Erziehung unter „religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen“ der Eltern subsumiert werden kann, bedarf keiner weiteren Erklärung.
So gesehen ist es empfehlenswert, den Umstand der einseitigen Indoktrinierung der Kinder als Eltern nicht einfach hinzunehmen auf Grund geglaubter Ausweglosigkeit. Es ist das Recht der Eltern, dass der Staat auf ihre Anschauungen Rücksicht nimmt.
Mögliche Folgen einer zu frühen Sexualisierung
Zu Beginn des Blog-Beitrags wurde die notwendige Auseinandersetzung mit der Gefühlswelt von Kindern erwähnt, um besser verstehen zu können, mit welchen Themen, und vor allem, wie wir sie aufklären können. Dazu ist folgendes zu sagen:
Erwachsene mögen manchmal den Trugschluss erliegen, dass sie äußere Gegebenheiten genauso aufarbeiten bzw. wahrnehmen wie es Kinder tun. Dem ist aber nicht so. Während Erwachsene auf Grund von Erfahrungen oder angeeignetem Wissen gewisse Handlungen setzen, indem sie sich in der Regel vor der Handlung Gedanken machen, handeln Kinder meistens intuitiv und stellen dabei keine großen Überlegungen an. Daher ist für ein Kind das Wort „Sexualität“ ein Begriff ohne Inhalt, während erwachsene Menschen damit bereits Bilder und/oder auch bestimmte Erfahrungen verbinden.
Der Versuch, auf das kleine Kind mit sexuellen Beschreibungen und Inhalten einzuwirken, schadet seiner Entwicklung. Denn es ist eine Form von subtiler Gewalt, wenn Kinder, entgegen ihrem Schamgefühl, gezwungen werden, sich mit dieser Materie auseinanderzusetzen, da es dazu führt, dass das noch „unbesetzte“ Grundgefühl, sowie das unbefangene Verhältnis zum eigenen Körper verunsichert und/oder desorientiert werden. Das natürliche Schamgefühl wird missachtet, das eine Art „Firewall“ für die Seele der Kinder ist und ihnen hilft, sexuelle Belästigungen zurückzuweisen. Daher kann auch die Gefahr des Kindesmissbrauchs damit steigen, was genau im Widerspruch zu den von den Autoren der WHO-Standards vorgegebenen Zielen steht. Ähnlich sieht das Dr. Silvia Behrendt, Expert Legal Consultant der WHO, die unter anderem die berechtigte Frage aufwirft, “ob durch Prämissen der Sexualpädagogik nicht die Grundvoraussetzungen für ein sexuelles Missbrauchstäterbild geschaffen werden, anstatt diese zu verhindern.” Den gesamten Artikel von Dr. Behrendt finden sie hier.
Um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen sei hier ausdrücklich erwähnt, dass Sexualpädagogik eine absolut begrüßenswerte Bildungsinitiative ist. Gute und altersentsprechende Sexualpädagogik kann einem jungen Menschen dabei helfen, eine stabile und glückliche Beziehung aufzubauen, sowie eine positive und selbstbewusste Einstellung zu sich und zum anderen Geschlecht zu entwickeln. Die aktuelle Vorgehensweise ist für Kinder ein viel zu früh angesetztes Ziel, das nicht nur nicht das erwünschte Ergebnis – nämlich glückliche, selbstbewusste sowie selbstbestimmte Kinder und spätere Erwachsene – sondern auch Gefahren mit sich bringt.
Sexualpädagogik sollte daher dem Alter und der Entwicklung entsprechend multidimensional vermittelt werden, ohne dabei einseitig vorzugehen. Denn der Schutz von Kindern sollte in allen Bereichen unserer Gesellschaft oberste Priorität haben.
#kindergerecht
von Mag. Gabriel Jona